Raffaella Romagnolo erzählt auch diesmal wieder eine sprachgewaltige und interessante Geschichte!
„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“ stellt vor:
„Das Flirren der Dinge“ von Raffaella Romagnolo
Italien 1867- 1915
Der berühmte Fotograf Alessandro Pavia wählt von allen Kindern aus einem Waisenhaus ausgerechnet den zwölfjährigen Antonio Casagrande aus, obwohl dieser auf einem Auge blind ist. Pavia macht Antonio zu seinem Lehrling und bringt ihm alles über Fotografie bei, was man wissen muss.
Die Fotokunst ist noch ganz jung, genauso wie das gerade frisch vereinte Italien. Alessandro und Antonio reisen durch das Land, fotografieren Garibaldi-Kämpfer, machen Porträts von Menschen, die beim `Zug der Tausend` dabei waren.
„Als Antonio für sein erstes eigenes Porträt durch die Linse blickt, sieht er jedoch nicht nur die Person, wie sie hier und jetzt posiert, sondern sehr viel mehr. Die Dinge beginnen zu flirren – der Junge hat Visionen. Später, bei einem Arbeiteraufstand in Mailand, fällt sein Blick auf eine junge Frau, und es passiert wieder. Er meint zu erkennen, dass sie sich in eine lebensbedrohliche Lage begibt – und versucht sich dem Lauf der Dinge entgegenzustemmen.“

Fazit:
Nachdem mich Raffaella Romagnolo bereits mit ihrem Roman „Bella Ciao“ begeistert hat war ich ganz gespannt auf ihr neustes Werk. Auch diesmal hat sie mich überzeugt, ja verzaubert, doch es hat ein wenig gedauert bis ich in die Geschichte hinein gefunden habe und auch die Sogwirkung wie einst bei dem hervorragenden Roman „Bella Ciao hat diesmal nur bei einzelnen Passagen funktioniert.
Gefallen hat mir vor allem, das die Autorin mit Antonio Casagrande einen Außenseiter der Gesellschaft – Waisenkind, auf einem Auge blind – zum Helden ihrer Geschichte gemacht hat und ihm quasi eine doppelte Linse verpasst. Einmal durch sein blindes Auge, dann aber auch durch die Linse des Fotoapparates. Sowohl durch das besondere „Sehen“ seines blinden Auges, als auch der Blick durch die Linse des Fotoapparates gibt der Geschichte ihren Reiz und ihre Kuriosität. Tolle Idee der Autorin.
Wir begleiten den von der Autorin hervorragend dargestellten Protagonisten Antonio durch sein Leben, bis hin zum alten Mann. Parallel zu seinem Lebensweg nimmt Romagnolo uns mit auf eine Zeitreise; so präsentiert sie uns ein Stück Zeitgeschichte Italiens und nimmt uns gleichzeitig noch mit auf einen Streifzug durch die Geschichte der Fotografie. Auch hier muss ich der Autorin ein dickes Lob aussprechen, hervorragend recherchiert – sowohl die Geschichte Italien, als auch die der Fotografie – und zudem meisterlich in Worte gefasst.
Die Schriftstellerin beeindruckt auch diesmal wieder durch ihre intensive und sehr detailreiche, manchmal allerdings auch etwas ausschweifende Erzählweise. Hier sei auch erwähnt, das dies kein Buch mal eben für zwischendurch ist, sondern schon konzentriertes Lesen erfordert, da Romagnolo einen sehr anspruchsvollen Schreibstil bevorzugt.
Raffaella Romagnolo erzählt auch diesmal wieder eine sprachgewaltige und interessante Geschichte!
Hier der Link zu: „Bella Ciao“
https://literaturwerkstattkreativblog.wordpress.com/2019/07/31/bella-ciao-von-raffaella-romagnolo/

Autorin:

Raffaella Romagnolo, geboren 1971 in Casale Monferrato. Sie unterrichtet Geschichte und Italienisch an einem Gymnasium. Seit 2007 schreibt sie auch Romane – mit Erfolg. Ihr Roman ›Bella Ciao‹ erschien in zahlreichen Sprachen. Für ›La figlia sbagliata‹ war sie für den Premio Strega nominiert, ebenso mit ihrem Jugendbuch ›Respira con me‹. Raffaella Romagnolo lebt in Rocca Grimalda im Piemont.
Details:
Diogenes Verlag (27. April 2022 ) (https://www.diogenes.ch/leser/titel/raffaella-romagnolo/das-flirren-der-dinge-9783257071962.html) / 368 Seiten / 24,00 Euro / ISBN: 978-3-257-07196-2 / Hardcover Leinen mit Schutzumschlag / aus dem Italienischen von Maja Pflug
Der Schreibstil ist wirklich schön. Ob ich wirklich dazu komme, es zu lesen, weiß ich nicht, aber ich habe es mir auf die Liste gepackt. Es liest sich wie ein voller schöner bauchiger Rotwein und erinnert mich, der Leseprobe nach zu urteilen, an Werfels „Verdi“. Viele Grüße!
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Ja, Raffaella Romagnolo schreibt schon wunderbare Bücher!
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