Eine gruselige, vor allem aber sehr kompakte Geschichte, für ältere Kinder die nicht allzu ängstlich sind!
Euch einen schönen Sonntag…
„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“ stellt vor:
„Die Polidoris und der Pakt mit der Finsternis“ von Anja Fislage
Seit ihre Eltern von einer Tiefsee-Expedition im südlichen Atlantik nicht zurückgekehrt sind, leben die Geschwister Roberta, Petronella und Pellegrino Polidori bei ihren exzentrischen Großeltern in dem kleinen ostfriesischen Küstenort Tildrum. Sie wohnen dort in einer heruntergekommenen Villa am Meer, die sie „Polidorium“ nennen. Sehr schnell wird den Geschwistern klar, dass es dort mehr als ein Geheimnis zu lüften gibt, besonders im Keller, wo die Großeltern ihr Beerdigungsinstitut führen. Denn seltsame Gestalten halten sich oben in der Villa und unten im Keller auf – Hain, Mausgret, die tote Tante, Klamme Finger, aber vor allem der tote, immer noch miese und hinterhältige – Walfänger Hodder Morkel, dem das Polidorium einst gehörte?
„An ihrer neuen Schule werden die Polidori-Geschwister äußerst unfreundlich empfangen. Die fiese, aber scheinbar allmächtige Marie-Hedwig macht vor allem Petronella das Leben schwer. Hinter der Fassade der allseits beliebten Schülerin steckt ein dunkles Geheimnis – ebenso dunkel wie die rätselhaften Vorkommnisse im Polidorium. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Bald müssen sich die Geschwister entscheiden, wem sie vertrauen – und wem nicht.“

Fazit:
Anja Fislage ist mit ihrem Debütroman „Die Polidoris“ ein guter Einstieg in ihre neue Serie gelungen. Die alte Villa ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und der Autorin gelingt es in ihrem Buch Fiktion undRealität zu verbinden, sodass Kinder in eine spannende und schaurige Geistergeschichte hineingezogen werden und in diese herrlich abtauchen können.
Der Schreibstil ist flüssig und altersgerecht für Jugendliche, sodass man das Buch eigentlich gut in einem Rutsch durchlesen kann; zumal der Autorin es wunderbar gelingt die Spannung konstant bis zum Schluss aufrecht zu erhalten. An manchen Stellen des Buches gibt es durchaus richtig gruselige Momente und auch manche dieser „Geister“ haben es in sich. Zudem sind die Kapitel des Buches relativ lang und auch im Kontext ziemlich komplex, da es immer wieder zu wechselnden Erzählperspektiven kommt. Das Lesealter ist von Seiten des Verlages ab 12 Jahre angegeben, das passt meines Erachtens auch, allerdings sollten die Kinder schon geübte Leser*innen sein und auch nicht allzu ängstlich. Bereichernd sind auf jeden Fall die vielen schönen Zeichnungen von Verena Wugeditsch, die die Geschichte wunderbar ergänzen und auflockern. Eine Ahnengalerie im Deckel des Buches hilft zusätzlich um die vielem Charaktere der Geschichte am Anfang kennenzulernen und auseinander zu halten.
Die einzelnen Charaktere fand ich zwar gut und interessant dargestellt, aber so richtig warm bin ich mit keinen der Protagonisten geworden. Gerade die Familienmitglieder waren mir alle zu kühl, zu distanziert und teilweise auch zu abgehoben. Das ist aber natürlich auch die Sicht einer Erwachsenen, Kinder haben hier vielleicht einen anderen Blick und auch andere Empfindungen oder Sympathien für die einzelnen Charaktere.
Richtig geärgert hat mich allerdings die Darstellung der Großmutter, die immer ihren Mann bevormundet und bloßstellt, indem sie ihn wider und wider in der Öffentlichkeit und vor allem vor den Kindern verbessert – wenn er bspw. Wörter falsch ausspricht.
„Meine Enkel. Ihr seid pünktlich zum Tee.“ Seine Stimme war tief und ruhig.“Tretet herein.““ Es heißt: Tretet ein, Pernell“, korrigierte Großmutter ihn. „Oder“: Kommt herein. Aber nicht: Tretet herein. Das ist falsches Deutsch, hörst du?“
Diese Verbesserungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Was von der Autorin wohl als „Running Gag“ gemeint ist, finde ich persönlich eher peinlich. Denn was lernen Kinder hier? Das man seinen Partner öffentlich – in dieser Art und Weise – verbessern, quasi zur Schau stellen darf. Von daher hat die Geschichte durch diese Szenen einen bitteren Nachgeschmack bei mir hinterlassen. Ich arbeite beruflich als Pädagogin und genau solche stereotypen Vorbilder sollten doch eigentlich vermieden werden.
Eine gruselige, vor allem aber sehr kompakte Geschichte, für ältere Kinder die nicht allzu ängstlich sind!
Autorin:

Anja Fislage ist leider nicht in einem Spukhaus am Meer aufgewachsen, hatte aber trotzdem eine schöne Kindheit. Sie liebt Abenteuer, sitzt jedoch lieber am Schreibtisch, als in See zu stechen. Darum studierte sie zunächst Literaturwissenschaften und arbeitete dann als Lektorin in verschiedenen Verlagen. Eines Tages fiel ihr auf, dass man auch Abenteuer am Schreibtisch erleben kann, und das tut sie seitdem mit großer Freude.
Illustratorin:
Verena Wugeditsch ist in einem kleinen Dorf in Österreich groß geworden und zeichnet schon, seit sie einen Stift halten kann. Darum hat sie später in Wien eine Ausbildung zur Grafikerin absolviert. Ihr Interesse an fremden Sprachen hat sie dann unter anderem in den hohen Norden verschlagen. Abseits des Weltenbummelns mag sie es jedoch am liebsten gemütlich, mit einem Häferl Tee in der einen und einem Zeichenstift in der anderen Hand. Momentan lebt sie als Grafikdesignerin und Illustratorin in Münster.
Details:
Coppenrath Verlag / https://www.spiegelburg-shop.de/die-polidoris-bd.-1/64430 / (12.01.2023) / Gebundene Ausgabe / Einband: mit Tiefprägung und Spotlack / 392 Seiten / ISBN: 978-3-649-64430-9 / Altersempfehlung: ab 12 Jahre / 16,00 Euro
Sprachkorrekturen finde ich ein heikles Thema, zumal in den Fällen, in denen sowieso klar ist, was gemeint ist. Wie in allem lässt sich die „Korrektheit“ übertreiben, die ja selbst nur ein Augenblick lang gilt. Die Originaltexte von Goethe würden der Großmutter den orthographischen Horror einjagen 🙂 Viele Grüße und ebenfalls einen schönen Sonntag!
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Da gebe ich dir grundsätzlich recht, nur reden wir von einem Kinderbuch was heute geschrieben wurde!
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Ja, dadurch erhält das Stereotypische eine bedenkliche Note. Stimmt.
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